„Kommunalpolitik ist nicht bereit, ausschließliche Mängelverwaltung zu betreiben“
30. September 2024. - „Finger weg vom Kommunalen Finanzausgleich und Weitergabe der Bundesmittel zur Finanzierung der Flüchtlingsunterbringung und -versorgung an die kommunale Ebene“: Das ist die zentrale Erwartungshaltung der Spitze des Main-Kinzig-Kreises um Landrat Thorsten Stolz, Ersten Kreisbeigeordneten Andreas Hofmann und Kreisbeigeordneten Jannik Marquart gegenüber dem Land Hessen. Der Hintergrund sind derzeit Überlegungen des Landes, zur Konsolidierung des Landeshaushaltes den Aufwuchs des Kommunalen Finanzausgleichs auf 200 Millionen Euro statt der bisher geplanten 400 Millionen Euro zu begrenzen. Ebenso sind die zusätzlichen Bundesmittel zur Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten und Asylsuchenden in diesem Jahr immer noch nicht an die kommunale Ebene weitergeleitet worden. „Wir positionieren uns hier so klar und deutlich, weil die kommunale Ebene einmal mehr wie Bittsteller behandelt wird, obwohl immer mehr Aufgaben von oben nach unten weitergereicht werden. Im Hinblick auf die immer noch ausstehende Weiterleitung der Bundesgelder für die Finanzierung der Kosten im Bereich Flucht und Asyl ist es sogar noch schlimmer. Hier kriegen wir für unsere Arbeit vor Ort noch einen Tritt in den Hintern“, so Landrat Thorsten Stolz, der auch Finanzdezernent des Main-Kinzig-Kreises ist. Alleine in diesem Bereich gehe es mit Blick auf die Jahre 2024 und 2025 um Finanzmittel in einer Größenordnung von über 20 Millionen Euro, die durch die bislang nicht erfolgte Weiterleitung durch das Land Hessen im Kreishaushalt fehlen.
In einem Schreiben an die Landtagsabgeordneten im Main-Kinzig-Kreis hat die Kreisspitze diese jüngsten Entwicklungen um die kommunalen Finanzen in Hessen kritisiert und die Erwartungshaltung formuliert, dass es zu keinen Kürzungen im Kommunalen Finanzausgleich kommt und eine Weiterleitung der Bundesmittel für den Bereich Flucht und Asyl erfolgt.
In ihrem Schreiben verweisen Thorsten Stolz, Andreas Hofmann und Jannik Marquart darauf, dass die Jahresergebnisse und insbesondere die Liquidität des Main-Kinzig-Kreises seit 2022 stark rückläufig sind. Diese negative Entwicklung habe sich nun verstärkt fortgesetzt. Der Haushaltsausgleich 2024 sei nur möglich gewesen aufgrund erheblicher Kürzungen, dem Aussetzen der Schuldentilgung der Hessenkasse, der Aufnahme eines Bank-Darlehens für die Main-Kinzig-Kliniken, der Einplanung von Erträgen und Minderaufwendungen aus der Flüchtlingskostenerstattung durch das Land sowie einer Erhöhung der Kreis- und Schulumlage um insgesamt 4 Prozentpunkte.
Im Zuge der Haushaltsaufstellung 2024/2025 wurden finanzielle Verbesserungen aufgrund der Bund-/Ländervereinbarungen im Bereich Flucht und Migration konkret eingeplant, auf Empfehlung des Landes. Wie Thorsten Stolz, Andreas Hofmann und Jannik Marquart ausführen, sollte der Main-Kinzig-Kreis laut Aussagen aus Wiesbaden und des Regierungspräsidiums Darmstadt etwa 10 Millionen Euro pro Jahr an Erstattungen und 5 Millionen Euro pro Jahr an Aufwandsreduzierungen kalkulieren. „Doch diese angekündigten Entlastungen treten nur in deutlich geringerem Umfang ein. So werden über die Erhöhung der Pauschalen nach dem Landesaufnahmegesetz lediglich 3 Millionen Euro mehr pro Jahr in den Kreis fließen. Dadurch werden wir eine gravierende Deckungslücke von über 20 Millionen Euro in 2024 und 2025 zu verzeichnen haben“, erklärt die Kreisspitze. Insbesondere die ausbleibende Kostenerstattung sei sehr enttäuschend und erschüttere die Vertrauensbasis zum Land.
Umso mehr sei es erforderlich, dass durch einen kontinuierlichen und ausreichenden Aufwuchs des Kommunalen Finanzausgleiches (KFA) die ständig steigenden Mehrbelastungen abgedeckt werden. Nun ist aber bekannt geworden, dass im Rahmen der umfassenden Konsolidierungsbemühungen des Landes der KFA nicht ausgenommen wird. „Es besteht hingegen die Absicht, die Erhöhung der Gesamtschlüsselmasse auf 196 Millionen Euro zu reduzieren. Diese Steigerung reicht aber bei weitem nicht aus, um unsere Aufgaben zu bewältigen und ist deshalb für die kommunale Ebene vollkommen inakzeptabel“, so die deutlichen Worte der Kreisspitze.
Doch das Land müsse für eine ausreichende Finanzierung der Kommunen sorgen, damit diese ihren Pflichtaufgaben nachkommen und einen kleinen Anteil für freiwillige Aufgaben im Sinne der kommunalen Selbstverwaltung leisten können. Insbesondere die Landkreise haben gemessen am Haushaltsvolumen einen Pflichtaufgabenanteil von 99 Prozent. Der freiwillige Anteil ist bereits heute auf ein absolutes Minimum beschränkt.
„Diese Entwicklung können wir als verantwortungsvolle Kommunalpolitiker nicht wortlos hinnehmen“, betonen Landrat Thorsten Stolz, Erster Kreisbeigeordneter Andreas Hofmann und Kreisbeigeordneter Jannik Marquart. Schon jetzt seien die Kommunen gezwungen, ihre Infrastruktur „herunterzufahren“. Diese Konsequenzen seien mittlerweile für die Bürgerinnen und Bürger deutlich sicht- und spürbar, was in vielen Gesprächen zum Ausdruck komme. Die ehrenamtlichen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker seien nicht dazu bereit, eine ausschließliche Mängelverwaltung zu betreiben.
Vor diesem Hintergrund appelliert die Kreisspitze eindringlich an die Landtagsabgeordneten, dass sie im Interesse der Kommunen für einen Gestaltungsspielraum vor Ort eintreten und die Kommunen bedarfsgerecht ausstatten. Im Mittelpunkt stehen die beiden Forderungen, dass der geplante Griff in den Kommunalen Finanzausgleich zur Konsolidierung des Landeshaushaltes ausbleibt und die Weitergabe der zusätzlichen Bundesmittel in Höhe von 7.500 Euro je Asylbewerber und Geflüchteten an die kommunale Ebene unverzüglich erfolgt.
Wie die Kreisspitze darüber hinaus erklärt, steht sie für einen offenen und fairen Austausch auf Augenhöhe gerne zur Verfügung. Es sei aber nicht hinnehmbar, dass die Kommunen im Zusammenhang mit der Aufnahme, Unterbringung und Betreuung von geflüchteten Menschen erneut als Bittsteller auftreten müssen, um die dringend benötigten und zugesagten Finanzmittel zu erhalten.
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