Für Bauvorhaben, die alle Voraussetzungen der Genehmigungsfreistellung im Sinne des § 64 HBO erfüllen, sieht der Gesetzgeber die Möglichkeit eines Freistellungsverfahrens vor. Die baulichen Anlagen können in diesen Fällen ohne eine Baugenehmigung errichtet werden.
Freistellungsverfahren können grundsätzlich durchgeführt werden, bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung (nicht Abriss oder Beseitigung) aller baulichen Anlagen mit Ausnahme von Sonderbauten, wenn
- sie im Geltungsbereich eines qualifizierten oder vorhabenbezogenen Bebauungsplanes liegen,
- sie keiner Ausnahme oder Befreiung nach § 31 des Baugesetzbuches bedürfen,
- die Erschließung im Sinne des Baugesetzbuches gesichert ist,
- sie keiner Abweichung nach bauordnungsrechtlichen Vorschriften bedürfen und
- die Gemeinde nicht innerhalb eines Monats, nachdem die erforderlichen Bauvorlagen bei ihr eingegangen sind, der Bauherrschaft schriftlich erklärt, dass ein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden soll, oder eine vorläufige Untersagung bei der Unteren Bauaufsicht beantragt.
Sollte das Bauvorhaben zu einem dieser oben genannten Punkte gehören, besteht dennoch die Möglichkeit, ausdrücklich die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens zu beantragen. Sollten Genehmigungen nach anderen Rechtsvorschriften erforderlich sein, ist die Bauherrschaft selbst dafür verantwortlich, diese einzuholen.
Zentraler Punkt dieses Verfahrens ist, dass keine bauaufsichtliche Prüfung und Genehmigung stattfindet. Die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften bei der Errichtung des Bauvorhabens liegt ausschließlich in der Verantwortung der Bauherrschaft. Wenn im Rahmen des Bauvorhabens gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen wird, ist die Untere Bauaufsicht ggf. gezwungen einen Baustopp anzuordnen oder auch eine Beseitigungsanordnung oder ein Nutzungsverbot zu erlassen. Darüber hinaus ist in diesen Fällen die Festsetzung eines Bußgeldes vorgesehen.
Die Gemeinde wird in Freistellungsverfahren allein zur Wahrung der kommunalen Planungshoheit beteiligt. Sie hat ein Prüfrecht, aber keine Prüfpflicht.
Wer kann Bauvorlagen einreichen?
Meisterinnen und Meister im Maurer- und Betonbauer- oder Zimmererhandwerk, Personen mit einer erfolgreich abgelegten Prüfung, die als Voraussetzung für die Befreiung von der Prüfung der fachtheoretischen Kenntnisse dieser Meisterprüfungen anerkannt ist, als auch staatlich geprüfte Technikerinnen und Techniker der Fachrichtung Bautechnik sind berechtigt, Bauanträge bzw. Bauvorlagen einzureichen für
• Wohngebäude mit max. 2 Wohneinheiten und insgesamt max. 200 m² Wohnfläche
• eingeschossige gewerbliche Gebäuden bis max. 200 m² Bruttogeschossfläche und 3 m Wandhöhe
• kleinere landwirtschaftliche Betriebsgebäude der Gebäudeklassen 1-3 bis 200 m² Brutto- Grundfläche des Erdgeschosses
• Garagen bis 200 m² Nutzfläche
Für größere Bauvorhaben müssen die Personen bauvorlageberechtigt sein. Sie müssen also die Berufsbezeichnung „Architektin“ oder „Architekt“ führen dürfen oder in die Liste der bauvorlageberechtigten Ingenieure eingetragen sein.
Welche Unterlagen müssen eingereicht werden?
Die Liste soll als Orientierung dienen, kann jedoch im Einzelfall abweichen (Art der Bauvorlage/ Anzahl). Weitere Informationen finden sich im Bauvorlagenerlass von 2022 .
1. Vordruck „Mitteilung baugenehmigungsfreier Vorhaben“ BAB 33 (2-fach)
2. Kopie des Handels-/Vereinsregisterauszugs/Gesellschaftervertrags (2-fach)
3. Handlungsvollmachten im Original (1-fach)
4. Nachweis der Bauvorlageberechtigung (1-fach)
5. Übersichtsplan mit Kennzeichnung des Baugrundstücks, Maßstab 1:10.000 – 1:25.000 (2-fach)
6. Liegenschaftsplan nach Nr. 2, Tabelle 2 des Bauvorlagenerlasses Maßstab 1:500
(2-fach)
7. Freiflächenplan (2-fach)
8. Bauzeichnung: Grundrisse, Schnitte, Ansichten (2-fach)
9. Formlose Bau- und Nutzungsbeschreibung (2-fach)
10. Einfügungsnachweis gemäß § 34 BauGB, soweit nicht in den Bauzeichnungen dargestellt (2-fach)
11. Berechnung des Bruttorauminhalts (2-fach)
12. Berechnung der Bruttogrundfläche und der Nutzfläche (2-fach)
13. Berechnung des Maßes der baulichen Nutzung (2-fach)
14. Nachweis zur Anzahl der Vollgeschosse (2-fach)
15. Stellplatznachweis (sofern eine kommunale Satzung besteht) (2-fach)
16. Abstandsflächennachweis (2-fach)
Die Statik muss von einem Sachverständigen oder Nachweisberechtigten für Standsicherheit erstellt oder bescheinigt werden. Der Nachweis wird von der Unteren Bauaufsicht nicht geprüft, sondern muss nur vorgelegt werden. Allerdings ist die Bauherrschaft verpflichtet, bei Baubeginn eine Bestätigung/Bescheinigung des Sachverständigen/Nachweisberechtigten vorzulegen, dass die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind. Der vom Vorhabenträger beauftrage Sachverständige oder Nachweisberechtigte überwacht auch, dass die tatsächliche Bauausführung mit den bautechnischen Nachweisen übereinstimmt und stellt hierüber eine sogenannte Überwachungs- oder Übereinstimmungsbescheinigung aus. Diese muss die Bauherrschaft zusammen mit der Anzeige über die Rohbaufertigungsstellung vorlegen.
Wie geht es nach Einreichung der Unterlagen weiter?
Sobald der Unteren Bauaufsicht die erforderlichen Unterlagen vorliegen, beteiligt diese innerhalb von zwei Wochen die Gemeinde. Es darf mit dem Bauvorhaben begonnen werden, d. h. der Baubeginn angezeigt werden, wenn die Gemeinde innerhalb eines Monats, nachdem die Bauvorlagen bei ihr eingegangen sind, gegenüber der Unteren Bauaufsicht
- nicht die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens fordert,
- vorab den Verzicht hierauf mitteilt oder
- keine Untersagen nach § 15 Abs. 1 BauGB beantragt hat.
Es besteht kein Anspruch darauf, dass die Gemeinde auf die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens verzichtet.
Die Bauherrschaft erhält von der Unteren Bauaufsicht eine Mitteilung über die Zulässigkeit des Baubeginns. Eine Prüfung der Bauvorlagen ist nicht erfolgt.
Der Baubeginn ist der Unteren Bauaufsicht mindestens eine Woche vorher schriftlich mitzuteilen. Zusammen mit der Baubeginnsanzeige sind die bautechnischen Nachweise vorzulegen. Außerdem muss auch die Fertigstellung des Rohbaus und die endgültige Fertigstellung oder Benutzung der Unteren Bauaufsichtsbehörde angezeigt werden. Mit der Anzeige über die Fertigstellung des Rohbaus ist gleichzeitig die Bescheinigung darüber vorzulegen, dass die tatsächliche Bauausführung den bautechnischen Nachweisen entspricht. Der/die beauftragte Bauleiter/Bauleiterin muss die jeweiligen Anzeigen mit unterschreiben.
Vor der Inbetriebnahme einer Feuerungsanlage muss der Bezirksschornsteinfegermeister rechtzeitig informiert werden.
Die Freistellung gilt für drei Jahre. Wenn mit der Bauausführung nicht innerhalb dieser Frist begonnen wurde, muss ein neues Freistellungsverfahren durchgeführt werden.