Wanderausstellung über lesbisches, schwules und trans*-Leben im Alter in der Main-Kinzig-Akademie für Gesundheit

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Anett Taranko begrüßt die Gäste Corry, Marie-Luise, Sue und die Ausstellungsmacher Markus Johannes und Elke Kreß.

21. November 2024 - Verständnis und Akzeptanz für die Vielfalt von unterschiedlichen Lebensweisen und Geschlechtsidentitäten im Alter will die Ausstellung „Besonders habe ich mich immer gefühlt“ fördern. Vorgestellt werden die Lebenswelten von sieben Lesben, Schwulen und Trans*-Personen zwischen 64 und 85 Jahren. Auf Rollups werden sie mit Foto und einem Text zu ihren Lebensstationen porträtiert.

Die Ausstellung läuft bis Mitte Dezember in der Main-Kinzig-Akademie für Gesundheit und Pflege in Gelnhausen. Damit will die Main-Kinzig-Akademie für die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften in der Pflege für die besonderen Wünsche, Erwartungen und Ängste dieser Zielgruppe sensibilisieren. Viele dieser Menschen haben schwierige Lebenswege hinter sich. Sie erlebten und erleben Abwertung und Diskriminierung. Traumatische Erfahrungen wie die Strafverfolgung Schwuler durch den ehemaligen Paragrafen 175 Strafgesetzbuch, bei lesbischen Frauen die Sorgerechtsentziehung für Kinder aus ihren vormals heterosexuellen Beziehungen oder die Pathologisierung von Transpersonen wirken nach. Verstecken und verheimlichen wurde zur Überlebensstrategie – und ist es für manche heute noch. Die Angst vor Behörden und medizinischen Einrichtungen sitzt oft tief.

Die Hessische Landesfachstelle LSBT* im Alter hat die Wanderausstellung erarbeitet. Sie informiert Beschäftigte der Altenhilfe, Politik und Verwaltung über die Bedarfe von älteren lesbischen, schwulen, bisexuellen und trans*-Personen. Vielfach fehlt in den Einrichtungen noch das Wissen des Fachpersonals über die besonderen medizinischen und pflegerischen Erfordernisse im Umgang mit älteren LSBT*-Personen.

Die Azubis waren von den Lehrkräften Silvia Häuser, Ina Pauli und Schulleiterin Anett Taranko im Unterricht auf das Thema sexuelle Diversität vorbereitet worden. „Wir sind hier international, manche Auszubildenden kommen aus Ländern, wo queeres Leben verboten oder sogar mit der Todesstrafe bedroht ist“, erläutert sie. Die jungen Leute zeigten sich gut vorbereitet, als Elke Kreß und Markus Johannes von der Hessischen Landesfachstelle LSBT* im Alter ihnen Fragen zu den verschiedenen geschlechtlichen Identitäten stellten. Drei der sieben in der Ausstellung porträtierten Personen stellten sich bei der Vernissage im überfüllten Hörsaal der Akademie den Fragen der Auszubildenden und Lehrkräfte. Corry (79) und Marie-Luise (85), die seit 30 Jahren verheiratet sind (seit 2018 auch rechtlich) und dafür begeisterten Applaus ernteten, und Sue (79), die sich im falschen Körper fühlte, aber erst im Ruhestand das Outing wagte und heute nach Hormontherapie und Geschlechtsangleichung endlich ihre wahre Identität leben kann.

Nicht selten sind es „Kleinigkeiten“ in der Kommunikation zwischen Pflegepersonal und LSBT*-Personen, die den Unterschied machen. Corry wünscht sich, dass ältere Menschen in Einrichtungen ohne Angst ihre geschlechtliche und sexuelle Identität offen leben können. „Dafür ist es sehr wichtig, dass das Personal angeleitet wird. Denn sobald das Gesicht beim Thema verzogen wird oder sonst eine abwertende Reaktion kommt – dann trauen sich viele gar nicht mehr, etwas über sich zu sagen.“ Für die Zukunft sei sie da aber zuversichtlich - „wenn ich das hier sehe“, sagte sie, gemünzt auf die positive und offene Reaktion der Zuhörenden im Saal.

Elke Kreß und Markus Johannes gaben den Azubis auch konkrete Hinweise für den Berufsalltag mit auf den Weg: Ein respektvoller Umgang in der Pflege gehört zu den Basics. Eigene Unsicherheiten und Ängste sollten angesprochen, Fragen mit Bedacht gestellt werden. Beim Entkleiden sei besondere Vorsicht geboten, die Intimsphäre aller Patient:innen sollte immer gewahrt und Zwangsouting vermieden werden. „Pflegekräfte sind in der Verantwortung, Offenheit und Akzeptanz zu signalisieren und niemanden zu bedrängen“, mahnte Kreß.

Im Anschluss an die Vernissage konnten sich alle bei einem großen Buffet stärken, das die Azubis mit Liebe und diversen internationalen Leckereien vorbereitet hatten.

Die Ausstellung läuft bis Mitte Dezember 2024 in der Main-Kinzig-Akademie für Gesundheit in Gelnhausen (Gebäude der Bildungspartner Main-Kinzig BiP), Frankfurter Straße 30. Geöffnet ist sie montags bis freitags von 9 bis 15 Uhr.