Schulträger präsentiert Neun-Punkte-Plan zur Schulentwicklung im Raum Gelnhausen-Gründau

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„Wenn wir die Zukunft von Schulstandorten sichern wollen, braucht es individuelle, gute und nachhaltige Lösungen, die gemeinsam mit allen Beteiligten entstehen. Wir können heute genau eine solche Lösung für die Schulstandorte der Philipp-Reis-Schule in Gelnhausen und die Anton-Calaminus-Schule in Gründau präsentieren“, erklärt der Kreisbeigeordnete Jannik Marquart am Donnerstag (15.5.).

Die Lösung ist nach wochenlangen Gesprächen und sorgfältigen Abwägungen zwischen dem Schuldezernenten Marquart, der Schulleitung, Bildungsfachleuten, der Schulentwicklungsplanung und weiteren Beteiligten entstanden, und „sie adressiert gleich mehrere Probleme und Themenfelder auf einen Schlag“, so Jannik Marquart, sowohl räumliche als auch organisatorische bis hin zum Übergangsmanagement von der Schul- in die Ausbildungszeit. Die neun Punkte dieser Schulentwicklungsmaßnahme für den Raum Gelnhausen und Gründau beinhalten im Einzelnen:

  • Die Philipp-Reis-Schule in Gelnhausen soll zur Verbundschule weiterentwickelt werden, die sich auch auf den Haupt- und Realschulzweig des Gründauer Standorts der momentanen Anton-Calaminus-Schule erstrecken wird.
  • Die Grund- und Hauptschule an der Philipp-Reis-Schule in Gelnhausen bleibt somit erhalten.
  • Die Grund-, Haupt- und Realschule in Gründau soll in eine Grundschule sowie in den Haupt- und Realschulzweig aufgespalten werden.
  • Die Grundschule in Gründau soll als eigenständige Anton-Calaminus-Grundschule fortbestehen.
  • Der Haupt- und Realschulzweig in Gründau soll in das Verbundschulsystem der Philipp-Reis-Verbundschule integriert werden
  • Die Gelnhäuser Schüler sollen bis zur siebten Klasse am Standort in Gelnhausen beschult werden, ab der achten Klasse findet der Unterricht in Gründau statt.
  • Die Gründauer Schüler sollen weiterhin in Gründau beschult werden.
  • Es soll eine neue Kooperation zwischen der kreiseigenen gemeinnützigen Gesellschaft für Ausbildung, Qualifizierung und Arbeit (AQA) mit der Verbundschule geben, um die in unmittelbarer Nähe zum Gründauer Standort gelegenen Ausbildungswerkstätten der AQA zu nutzen.
  • Die bisherige Dependance der Philipp-Reis-Schule soll als Schulstandort für sonderpädagogische Förderung etabliert werden.

Für die Gelnhäuser Hauptschülerinnen und Hauptschüler ändert sich also bis einschließlich zur siebten Klasse nichts. Sie werden am Hauptstandort der Philipp-Reis-Schule unterrichtet und wechseln ab der achten Klasse dann zum Gründauer Standort. Die Gründauer Schüler werden wie bisher am Gründauer Standort beschult.

Dass man die Beschulung ab der achten Jahrgangsstufe gemeinsam in den Räumlichkeiten in Rothenbergen plane, sei dabei kein Zufall, erklärt Schuldezernent Jannik Marquart. „Schon heute ist es so, dass bis zur siebten Klasse vor allem Gelnhäuser Schüler den Hauptschulzweig der Philipp-Reis-Schule besuchen. Ab der achten Klasse sieht das anders aus. Hier kommen Schüler aus dem gesamten Kreis zusammen, von Maintal bis Sinntal. Sogar aus umliegenden Landkreisen sind Schüler vertreten“, so Marquart, der ergänzt: „Ab dieser Jahrgangsstufe liegt der Fokus noch mal stärker auf dem praxisnahen Unterricht und der beruflichen Orientierung. Hier planen wir eine intensive Kooperation mit der AQA, die ihre Lehrwerkstätten in unmittelbarer Nähe zum Gründauer Schulstandort hat, um die berufliche Orientierung auf eine neue Stufe zu heben. Wir wollen die Hilfen bei der Suche nach der richtigen Ausbildung und dem passenden Berufsfeld stärken. Davon sollen der Hauptschul- wie auch der Realschulzweig profitieren.“ Die genaue Ausgestaltung der Kooperation mit der AQA hänge dabei vom neuen pädagogischen Konzept ab, das in den nächsten Monaten von den Schulleitungen und Lehrkräften zunächst erarbeitet werden soll.

Platzbedarf kann am Hauptstandort Gelnhausen nicht gestillt werden

Der Hauptschulzweig der Philipp-Reis-Schule bleibt somit in abgewandelter Form erhalten. Dadurch wird das Raumproblem, das am Hauptstandort der Philipp-Reis-Schule seit geraumer Zeit besteht, gelöst und gleichzeitig wird auch der Standort in Gründau gesichert, der in den vergangenen Jahren mit stark sinkenden Schülerzahlen zu kämpfen hatte. Durch die neue Schulorganisation und die positiven Synergien mit der Philipp-Reis-Schule erwarte man eine deutliche Stärkung und Aufwertung für den Gründauer Standort. „Mit unserem Lösungsvorschlag schaffen wir klare Perspektiven für die Schulen, erhalten die Hauptschule in Gelnhausen und vor allem schaffen wir einen Mehrwert für die Schülerinnen und Schüler“, ist sich Marquart sicher.

Die Philipp-Reis-Schule in Gelnhausen verfügt als Grund- und Hauptschule aktuell über rund 600 Schülerinnen und Schüler, die sich auf zwei Standorte im Stadtgebiet verteilen: in der Philipp-Reis-Straße und im Herzbachweg. Die Grundschulklassen befinden sich sämtlich am Hauptstandort, während die Jugendlichen der Hauptschule zwischen den Standorten pendeln müssen. Nach Zahlen der Philipp-Reis-Schule ist auch in den kommenden Jahren mit einem hohen Zulauf für den Hauptschulzweig zu rechnen. Umso drängender stellte sich daher für den Schulträger die Suche nach Lösungen dar.

Eine Erweiterung für den Hauptschulzweig ist jedoch weder in der Philipp-Reis-Straße noch in der Dependance im Herzbachweg aus Sicht des Schuldezernenten sinnvoll möglich gewesen. Der Ausbau des Hauptstandorts, den der Main-Kinzig-Kreis zunächst im engen Austausch mit der Stadt Gelnhausen verfolgt hatte, ließ sich letztlich nicht realisieren. Der Anbau an das Parkhaus wäre lediglich eine Kompromisslösung gewesen, die den Steuerzahler rund 10 Millionen Euro gekostet hätte und die das Problem mangelnder Außenbewegungsflächen für die Schülerinnen und Schüler nicht gelöst hätte.

Durch den nun präsentierten Vorschlag des Schulträgers werden die räumlichen Kapazitäten am Gründauer Standort genutzt. „Als Schuldezernent bin ich nicht nur für die Schulen in einer Kommune, sondern für die gesamte Schullandschaft im Main-Kinzig-Kreis zuständig. Wir haben den Blick für die Lösungssuche daher bewusst auch auf umliegende Schulen und deren Schulgelände erweitert“, so Marquart. Die Sorge, dass der Schulträger einen Schulzweig gänzlich schließen würde, konnte der Main-Kinzig-Kreis in den zurückliegenden Gesprächen schnell entkräften. „Ich sehe es als unsere Aufgabe an, das Bildungsangebot in der Qualität und Vielfalt zu erhalten oder zu erhöhen. Das gestaltet sich nicht immer leicht, wenn dem Wachstum an einer Stelle äußere Grenzen gesetzt sind. Da braucht es dann mitunter ortsübergreifende Lösungen“, sagt Kreisbeigeordneter Jannik Marquart. „Wenn davon am Ende beide Schulstandorte gewinnen – umso besser.“

Seit dem Frühjahr hat der Main-Kinzig-Kreis verschiedene Möglichkeiten geprüft, wie die Problematik der Platzengpässe im Hauptschulzweig der Philipp-Reis-Schule gelöst werden kann. Der Schuldezernent hat dazu allein mit Schulleiter Jochen Bühler zwischen Mitte Februar und Mitte Mai fünf Gespräche geführt. „Auf beide Schulstandorte in Gelnhausen und Gründau kommen mit dieser Lösung einige Veränderungen zu, und da danke ich den beteiligten Schulleitungen umso mehr, dass sie diesen Weg mittragen und vor Ort mitvertreten“, erklärt Schuldezernent Jannik Marquart.

Räume schaffen für Schulkinder mit Förderbedarfen

Die bisherige Dependance der Philipp-Reis-Schule in Gelnhausen, die dann räumlich nicht mehr benötigt wird, soll als Schulstandort für sonderpädagogische Förderung dienen. Damit geht der Schulträger als Bestandteil des Neun-Punkte-Plans ein weiteres drängendes Thema an. Die Zahlen der Schulkinder, die besondere Förderbedarfe haben, steige landesweit an, wie Marquart ausführt: „Vor dieser Entwicklung wollen wir nicht die Augen verschließen, sondern aktiv Lösungen anbieten. Obwohl unsere Schulen und Lehrkräfte sich der Inklusion mit viel Herzblut und Engagement widmen, stoßen sie bei dem Thema oft an ihre Kapazitätsgrenzen. Die Räume der Dependance in Gelnhausen sind gut dafür geeignet, um Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarfen in einem kleinen und guten Umfeld die Aufmerksamkeit und Unterstützung zu schenken, die sie benötigen.“

Nach zahlreichen Gesprächen mit allen beteiligten Akteuren, die seit Februar geführt worden sind folgt nun die pädagogische Ausarbeitung der Schulentwicklungsmaßnahme durch die Schulleitungen und Lehrkräfte im Detail. Schon vorbesprochen ist, dass die erfolgreichen Programme beider Schulen fortgesetzt werden sollen, seien es nun Kooperationen mit den Beruflichen Schulen, die PuSch-Klassen, das freiwillige 10. Schuljahr oder Schüleraustauschprogramme. Klar ist zudem, dass sich kurzfristig für keine Schulklasse etwas ändert: Die Umsetzung der Verbundlösung ist erst für das Jahr 2027 vorgesehen, um den Schulgemeinden ausreichend Zeit für die Vorbereitung der organisatorischen Änderungen zu geben. Ebenfalls geklärt ist das Thema Schülerbeförderung; die KreisVerkehrsGesellschaft (KVG) sorgt für möglichst direkte Verbindungen im Einzugsbereich beider Schulen.

Die Schulentwicklungsmaßnahme muss nun zunächst im Kreisausschuss und Kreistag im Rahmen einer Teilfortschreibung des Schulentwicklungsplans behandelt und beschlossen werden. Daneben ist eine Reihe von weiteren Akteuren im Prozess zu beteiligen: die Bereiche Fachplanung (Jugendhilfe, Kreisverkehrsgesellschaft), angrenzende Schulträger (vom Landkreis Fulda bis zum Landkreis Offenbach sowie die kreisfreien Städte), Institutionen (Kultusministerium, Staatliches Schulamt, Kreiselternbeirat, Kreisschülerrat) sowie der Bildungsausschuss und die Schulkommission.

Hintergrund: Fein austarierte Schulentwicklungsplanung

Die Schulentwicklungsplanung ist ein fortlaufender Prozess, deren Kern die aktuellen Schülerzahlen und die Prognosezahlen bilden. Die Prognose des Main-Kinzig-Kreises erstreckt sich über die kommenden sechs Schuljahre. Im Grundschulbereich werden dazu jährlich die tatsächlichen Geburten und Kita-Zahlen über die Einwohnermeldeämter an den Schulträger übermittelt. Somit kann der Main-Kinzig-Kreis einschätzen, wie viele Kinder wann in die erste Klasse kommen. Für die weiterführenden Schulen beruhen diese Prognosen auf einer sogenannten „Übergangsquote“, also dem Mittelwert aus den Schulwechseln der fünf vorangegangenen Schuljahre. In die Prognosen fließen zudem die Angaben der kommunalen Bauämter hinsichtlich anstehender Neubaugebiete oder Nachverdichtungen ein. Sämtliche Zahlen gleicht der Main-Kinzig-Kreis stetig mit den aktuellen Zahlen der Schulen ab. Zusätzliche Faktoren für die Raumplanung und die Schulentwicklung sind die weiteren Klassenformen, die es an den Grundschulen gibt: Vorklassen, Vorlaufkurse und Intensivklassen. Ein enger Austausch zwischen der Abteilung Baumanagement und der Stabsstelle Schulentwicklungsplanung ist daher unerlässlich, um mögliche Mehrbedarfe an Schulen frühzeitig zu identifizieren und somit die entsprechenden Ressourcen zu schaffen. Gleichermaßen ist eine regelmäßige Kommunikation mit den politischen Entscheidungsträgern, dem Staatlichen Schulamt, den kreisangehörigen Kommunen oder auch dem Jugendamt (Jugendhilfeplanung) wichtig, um gesetzliche Vorgaben, ortsspezifische Bedürfnisse oder politische Entscheidungen entsprechend umsetzen zu können.